Wie und warum ein garantiert inklusiver und gerechter Arbeitsmarkt funktioniert:

Wirtschaftliche Stabilität

Die heutige Arbeitsmarkt-Politik erschwert vielen Menschen den Zugang zu stabilen und sicheren Arbeitsplätzen und erzeugt darüber hinaus wirtschaftliche Instabilität. Um dieses Problem anzugehen, braucht es neue Rahmenbedingungen für einen im Kern integrativen und fairen Arbeitsmarkt, der wirtschaftliche Stabilität für die Einzelnen und Kommunen ebenso wie die Gesellschaft im Ganzen gewährleistet. Das Jobgarantie-Konzept setzt genau hier an, in wirtschaftlich schwierigen Phasen Beschäftigungsmöglichkeiten zu schaffen und Arbeitslosigkeit abzufedern.

Die Jobgarantie ist eine Wirtschaftspolitik, mit der eine Regierung sicherstellt, dass diejenigen Personen, die eine Beschäftigung suchen, einen Arbeitsplatz mit existenzsicherndem Mindestlohn geboten bekommen.

Dieses Prinzip eröffnet eine Wahlfreiheit, die vielen Menschen ansonsten verschlossen bleiben: Es versetzt die Arbeitsuchenden und Arbeitnehmenden in die Lage, zwischen Beschäftigungen zu wählen.

Indem die Regierung die Verantwortung für Beschäftigung übernimmt, kommt der Stärkung der Kommunen und dem Abbau des Stadt-Land-Gefälles ein höherer Stellenwert bei als aktuell. Nur so lassen sich die Arbeitsplätze an jenen Orte schaffen, wo unfreiwillige Arbeitslosigkeit am häufigsten auftritt. Kommunal verankerte Unternehmen werden von der belebten Infrastruktur und größeren Kaufkraft profitieren und bei wirtschaftlicher Stabilität attraktivere, unbefristete Arbeitsplätze anbieten können.

Arbeitskräftemangel vs. Arbeitslosigkeit

Die paradoxe Kluft zwischen Fach-/Arbeitskräftemangel und Arbeitssuchenden zeigt, dass der Arbeitsmarkt, wie er momentan strukturiert ist, nicht funktioniert. Wenn ein Teil der Unternehmen ihrem Einsatz für gute Arbeitsbedingungen nicht nachkommt und die nötigen wirtschaftspolitischen Rahmenbedingungen wie Investitionen in die Infrastruktur ausbleiben, tragen andere Unternehmen und alle Arbeitnehmer*innen die Folgen der Abwärtsspirale ihrer Branchen (gesunkene Attraktivität und Branchenwechsel durch Arbeitnehmende) mit.

Entscheidend für die grüne Transformation

Der Umbau unseres Wirtschaftssystems hin zu einer CO2-neutralen und ökologisch nachhaltigen Grundstruktur, die uns schneller handlungsfähig macht und kurzfristig Klimafolgeschäden reduzieren lässt, braucht dringend einen konkreten Fahrplan. Eine proaktive öffentliche Finanzierung und starke demokratische Institutionen sind die grundlegenden Voraussetzungen für die grüne Transformation; ohne eine Neuausrichtung des Arbeitsmarktes wird die grüne Transformation jedoch nicht möglich sein. Die Jobgarantie wirkt an der Schnittstelle von Investitions-, Klima- und Arbeitsmarkt-Politik.

Etwa der Schutz und Wiederaufbau von Biodiversität, das Beleben von klimastabilisierenden Wäldern und Mooren oder das praktische Umsetzen von Konzepten eines funktionierenden Zusammenwirkens von menschlichem Leben und der Umwelt erfordern umfassenden Arbeitseinsatz.

Die nötige Beschäftigung wird jedoch weder von privatwirtschaftlichen noch von gemeinnützigen und öffentlichen Unternehmen oder ehrenamtlichen Initiativen ausreichend geleistet, und stellt aber wegen der hohen Sinnstiftung ein attraktives Beschäftigungsfeld dar. Wenn beim Konzept der Jobgarantie danach gefragt wird, welche Jobs geschaffen werden sollen, dann lautet ein Teil der Antwort: grüne Jobs.

Der Anspruch an einen wirkungsvollen Arbeitsmarkt ist untrennbar mit familiären und sozialen Anliegen verbunden. Daher lautet der zweite Teil der Antwort: soziale Jobs. Ein stabiles Zusammenleben und Fokus aufs Wesentliche sind nur möglich, wenn die grundlegenden Bedürfnisse einzelner Personen und des Umfelds nicht pausenlos in Frage gestellt sind.

Soziale Absicherung

Zu den grundlegenden menschlichen Bedürfnissen gehören auch Zeit und Raum zur Verwirklichung. Dies darf nicht noch weiter durch schlechte Arbeitsbedingungen und die Überlastung einzelner Personen mit Familienarbeit zum Privileg verkommen. Sozialleistungen und Mindestsicherungen sind für gerechte Gesellschaften unabdingbar, da sie Startchancen und gesellschaftliche Teilhabe phasenweise oder grundsätzlich (z. B. bei Alleinerziehende, bei chronischen Krankheiten, Behinderungen, für Einrichtungen für Menschen in Not) gegenüber Personen mit vergleichsweise besserer struktureller Einbindung, familiärer Absicherung oder geerbtem Vermögen, Status und Netzwerken ausgleichen. (Was im Übrigen einer verbesserten Umverteilung bedarf.)

Unter Umständen kann ein Grundeinkommen eine sinnvolle Ergänzung sein, um Personen vom Druck des Hartz IV- bzw. Bürgergeld-Systems zu befreien. Definitiv braucht es allerdings die vollständige Abschaffung von Sanktionen, die Arbeitslose mit Abzügen in der Existenzsicherung bestrafen oder zu würdeloser Arbeit nötigen und so weiter marginalisieren.

Der heutige Arbeitsmarkt geht mit seinen Normen, wie etwa der 40-Stunden-Woche oder den Anforderungen an Mobilität, kaum auf den Leistungswillen der Personen, die Sozialleistungen erhalten, ein und schließt sie unnötigerweise prinzipiell aus.

Leistung als Verwirklichung

Die Jobgarantie ist darauf angelegt, den Fokus im Umgang mit Arbeitslosigkeit zu verschieben: Anstatt mit Stress Ausgrenzung zu erzeugen und unattraktive oder unpassende Jobs zu vermitteln werden die Kommunen darin befähigt, Beschäftigung zu schaffen, die den öffentlichen Bedarf und individuelle Leistungsfähigkeit aufeinander abstimmt.

Leistung würde sich mit einer Jobgarantie nicht mehr in einem Gegensatz zwischen beschäftigt und arbeitslos darstellen und wäre nicht mehr mit einer steten Angst vor dem sozialen Abstieg verbunden; Leistung würde sich auf einem Arbeitsmarkt entfalten können, in dem die erforderliche Ruhe eingekehrt ist, sich verwirklichen zu können. Auch demokratische Teilhabe braucht Zeit, finanzielle Sicherheit und ein Gefühl der Selbstwirksamkeit als Teil der Gesellschaft.

Recht auf Arbeit und Rechte der Beschäftigten

Eine Arbeitsmarkt-Politik, die einen gewissen Anteil an unfreiwilliger Arbeitslosigkeit als alternativlos oder gar als erforderlich definiert, liegt nicht nur falsch, sondern auch im Widerspruch zum Völkerrecht. Artikel 23 und 24 der internationalen Menschenrechtscharta garantieren:

Artikel 23

(1) Jeder hat das Recht auf Arbeit, auf freie Berufswahl, auf gerechte und befriedigende Arbeitsbedingungen sowie auf Schutz vor Arbeitslosigkeit.

(2) Jeder, ohne Unterschied, hat das Recht auf gleichen Lohn für gleiche Arbeit.

(3) Jeder, der arbeitet, hat das Recht auf gerechte und befriedigende Entlohnung, die ihm und seiner Familie eine der menschlichen Würde entsprechende Existenz sichert, gegebenenfalls ergänzt durch andere soziale Schutzmaßnahmen.

(4) Jeder hat das Recht, zum Schutze seiner Interessen Gewerkschaften zu bilden und solchen beizutreten.

Artikel 24

Jeder hat das Recht auf Erholung und Freizeit und insbesondere auf eine vernünftige Begrenzung der Arbeitszeit und regelmäßigen bezahlten Urlaub.

Hieraus ließe sich ein Recht auf Arbeitslosigkeit ableiten, um zu betonen, dass ein Arbeitsmarkt als Teil menschlichen Zusammenlebens zwar bestmöglich gemäß Bedarf und Bedürfnissen zu gestalten ist, aber die Entscheidung über die Teilnahme letztlich bei der Person ohne Beschäftigung liegen muss. Der Fokus des Jobgarantie-Konzepts richtet sich darauf, alle Arbeitsuchenden zu menschenwürdigen Arbeitsbedingungen zu involvieren statt die Arbeitswilligkeit einzelner Personen zu diskutieren.

(Wieder-)Herstellung von Würde

Eine Jobgarantie-Politik setzt neue Mindeststandards für den Wert von Arbeit: menschenwürdige Entlohnung, Mitbestimmung am Arbeitsplatz, Umweltverträglichkeit und eine Beschäftigung, die sich sowohl an den Bedürfnissen des Einzelnen als auch am Wohl der Gemeinden und Gesellschaften orientiert.

Globale Einbindung und Verantwortung

[An diesem Abschnitt schreiben wir aktuell noch. Solange empfehlen wir für weiterführende Informationen diese arte-Diskussion über Schulden und die Arbeit der NGO Indigenous Climate Action.]

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